Frankfurt am Main, 2. November 2023. Die Konsequenzen für den Auftragnehmer im Fall von „Annahmeverzug“ und wichtige Fragen zur „Vertragsgrundlage“ bildeten die beiden Schwerpunktthemen der VFF-Fachtagung „VOB und Recht“ am 24. Oktober 2023 von 10.30 bis 16.00 Uhr im InterCity Hotel am Frankfurter Flughafen. „Die Zahl von rund 40 Teilnehmern, die ihr Interesse an den Themenstellungen en-gagiert mit Fragen und Beiträgen in die Diskussionen eingebracht haben, verdeutlicht die Aktualität und Relevanz der beiden Schwerpunkte“, so Markus Christoffel, Experte des VFF in Baurechtsfragen und Leiter der Fachtagung, in seinem Resümee.
Wie immer bei den VOB-Fachtagungen gehörte der erste Auftritt Rechtsanwalt Prof. Christian Niemöller von der Baurechtskanzlei SMNG, der in gewohnter Leichtigkeit über aktuelle rechtliche Entwicklungen zum Problem „gestörter Bauablauf“ informierte. Nach Klärung der baurechtlichen Grundlagen im BGB und VOB/B, deren verzögerte Aktualisierung Niemöller bemängelte, erläuterte er grundlegende Urteile zur Auftragsverzögerung, Behinderung und Bauablaufstörungen und wie der Auftragnehmer Fristenverlängerungen und/oder Schadenersatz durchsetzen kann.
Wie diese terminlichen und monetären Ansprüche bei Annahmeverzug im Vorhinein durch kluge Vereinbarungen oder im Nachhinein durch genaue Dokumentation durchgesetzt werden können, erläuterte anschließend detailliert und Schritt für Schritt Dr. Frank Kumlehn von der CEM Consultants GmbH. Kumlehn sprach allerdings von einer „Gerechtigkeitslücke“ in der Rechtsprechung zu Ungunsten des Auftragnehmers, der im Unklaren gelassen wird, wie tatsächlich erforderliche Kosten dargelegt werden können. Im Zweifel, so das Fazit von Kumlehn, ist es besser, im Dialog Termin- und Vergütungsprobleme zu lösen, statt auf Rechtsprechung zu hoffen.
Mit einem Praxisbericht von Christian Anders von der Hilzinger Metallbau GmbH (verhindert), den Markus Christoffel vortrug, endete der erste Teil der Fachtagung. Das von Christoffel als „Paradebeispiel für den Umgang mit Annahmeverzug“ beschriebene Praxisbeispiel zeichnet sich durch transparente Zusatzvereinbarungen aus, die nach Veränderung der Vertragsaufgaben zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber in Termin- und Vergütungsfragen getroffen wurden. Dabei hilft – wie Christoffel über den Einzelfall hinaus betonte – unter anderem Vorausdenken, aktive und rechtzeitige Anmeldung der Ansprüche sowie Mitwirkung bei der Lösungssuche.
Auch nach der Mittagspause übernahm Prof. Christian Niemöller das „Warm Up“ der Teilnehmer. Niemöller führte – gewohnt souverän – in den Themenschwerpunkt „Vertragsgestaltung“ ein und verdeutlichte, wie anspruchsvoll mittlerweile die Gestaltung von Bauverträgen geworden ist. Schriftlichkeit ist anders als noch vor 30 Jahren von A bis Z unentbehrlich. Nach Vorstellung der verschiedenen Vertragsgestaltungstypen betonte Niemöller, dass seines Erachtens auch auf Dauer der Zwei-Parteien-Vertrag die besten Möglichkeiten bietet. Er erläuterte dazu wesentliche Punkte wie zum Beispiel die Leistungsbeschreibung, den Leistungsumfang, die Bauzeit, die Abnahme und die Mängelhaftung; nicht zu vergessen die „Rechtswahl“, also die Geltungsgrundlage „deutsches Recht“. Niemöller führte ergänzend aus, dass die Regelungen zu Zahlungen und Sicherheitsleistungen in der aktuell sich abzeichnenden Baukrise wieder zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Das Stichwort AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen) stand im Mittelpunkt des Vortrags von Dr. Tobias Rodermann, Richter am OLG Düsseldorf. Ausgehend von der generellen Annahme, dass Bauverträge regelmäßig AGB sind, weil sie zur Mehrfachverwendung, zumindest der Absicht nach, gedacht sind, erläuterte er, wann AGB vorliegen, was „Stellen“ in diesem Zusammenhang bedeutet und wie die AGB in den Vertrag einzubeziehen sind. Anhand einzelner Urteile erläuterte Rodermann dann ausführlich, welche im Einzelfall durchaus vertrackte Probleme begrenzter Inhaltskontrolle trotz AGB auftreten können.
Nach Markus Christoffels Vorstellung der im letzten Frühjahr aktualisierten VFF-Merkblätter VOB.01 („Schnittstellendefinition“) und VOB.02 (Werkstattplanung“) im Blick auf neue Kooperationsansätze von Auftraggeber und Auftragnehmer folgte der Abschlussvortrag von Dr. Christian Brinsa, Geschäftsbereichsleiter Hochbau der Stadt Wolfsburg. Brinsa stellte das angesichts von Inflationsunsicherheiten in Wolfsburg erfolgreich praktizierte sehr einfach umgesetzte Vergabeinstrument der „Preisgleitung ohne Preisreduktion bei sinkendem Index“ vor. Es dient der Risikoreduzierung des Auftragnehmers bei steigenden Beschaffungspreisen. Dadurch erhofft sich die Stadt Wolfsburg als attraktiver Auftraggeber ein besseres Bieterfeld über mehr Angebotslegungen zu bekommen. Brinsa betonte, dass Bauvergaben und somit Bieterangebote zwingend notwendig sind, denn ein Aufschub ist bei Bauten, die zur Daseinsvorsorge gehören (Feuerwehr, Schule usw.), nicht möglich. Brinsa erläuterte das dazu eigens entwickelte Verfahren der Preisgleitung und die Umsetzung am Beispiel wichtiger Wolfsburger Bauvorhaben und fand mit diesem Verfahren bei den Teilnehmern, die praktisch ausschließlich aus der „Bieterwelt“ kamen, großen Beifall.
Foto „FT_VOB2023-10_Plenum“: Blick auf die Teilnehmer der VFF-Fachtagung VOB und Recht am 24. Oktober 2023 (Foto: VFF)
Foto „FT_VOB2023-10_Referenten“: Die Referenten der Fachtagung VOB und Recht am 24. Oktober 2023: (von links) Dr. Christian Brinsa, Dr. Frank Kumlehn, Dr. Tobias Rodemann, Prof. Christian Niemöller und Markus Christoffel (Foto: VFF)
Foto „FT_VOB2023-10_Christoffel“: Markus Christoffel, Baurechtsexperte des VFF, führte durch die Veranstaltung, übernahm die Vorstellung des Praxisberichts von Christian Anders und erläuterte die Neuerungen der VFF-Merkblätter VOB.01 und VOB.02. (Foto: VFF)
Foto „FT_VOB2023-10_Niemöller“: Rechtsanwalt Prof. Christian Niemöller (SMNG) informierte, ergänzt durch aktuelle Urteile, über die jeweiligen rechtlichen Grundlagen der beiden Themenschwerpunkte der Fachtagung. (Foto: VFF)
Foto „FT_VOB2023-10_Kumlehn“: Dr. Frank Kumlehn gab aus Sicht des Baubetriebsgutachters detaillierte Hinweise zum Umgang mit „Annahmeverzug“ und identifizierte eine „Gerechtigkeitslücke“ in der betreffenden Rechtsprechung. (Foto: VFF)
Foto „FT_VOB2022-11_Brinsa“: Wie die Stadt Wolfsburg mit dem Instrument der „Preisgleitung“ erfolgreich Bieter für notwendige Bauvorhaben gewinnt, war Thema des Vortrags von Dr. Christian Brinsa. (Foto: VFF)
Ein geeignetes Foto von Dr. Tobias Rodemann, Richter am OLG Düsseldorf, liegt leider nicht vor.
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